Eine durchaus berechtigte Frage, hat man hier doch lange nichts über die aktuelle Grabungssituation gelesen! Das möchte ich jetzt nachholen. Von Mitte August bis Ende September lief die Lehrgrabung in Zusammenarbeit mit der Universität Halle. Teilweise haben uns bis zu zehn Studentinnen und Studenten sieben Wochen lang unterstützt.
Die diesjährige Lehrgrabungskampagne verlangte von Mensch und Material einiges ab. Wir befinden uns mit der Untersuchung ganz im Süden, schon außerhalb der Klausur des Klosters. Alles ist überdeckt von einer bis zu vier Meter mächtigen Schuttschicht, die vom Abriss der Gebäude im 17. Jh. herrührt. In diese Tiefe muss man erst einmal hinkommen und dann muss der Abraum auch aus dem tiefen Loch heraus. Oft waren wir mit Reparaturarbeiten an der stressgeplagten Technik beschäftigt. Dazu kam jede Menge schlechtes Wetter. Der Boden in Posa verwandelt sich schon bei mäßigem Regen in einen Schlammbrei, der entsprechend lange braucht, um wieder abzutrocknen.
Bereits im Frühjahr konnten wir eine gepflasterte Fläche auffinden, welche seit dem späten 15. Jh. von den Mönchen als Befestigung eines Höfchens an der Südgrenze des Klosterareals genutzt wurde. Bevor gepflastert wurde, hatte man auf diesem Platz über mehrere hundert Jahre lang den Müll aus der Klosterküche entsorgt. Das zeigte sich in dem hohen Fundaufkommen. Allerdings war das Material durch Umlagerungen sehr stark zerkleinert. Wir fanden vor allem Reste von Kochtöpfen.
Nach etwa einem Meter Tiefe ging gar nichts mehr: Eine bis zu 60 cm dicke Schicht aus umgelagertem Ton versperrte den Blick in die darunter liegenden Schichten und war nur noch mit dem Einsatz eines Baggers zu bewältigen. Bei der bis dahin schon erreichten Tiefe eine extreme Herausforderung! Schließlich hatten wir es zum Ende der Grabungskampagne geschafft und vor uns lag eine völlig andere Befundsituation, die uns erneut einen Blick auf die Befestigung des Posaer Berges im frühen Mittelalter erlaubt. Dabei ist es meist nicht so, dass man den Befund sofort klar zu deuten weiß. Meist ist man befangen durch eine ziemlich klare Vorstellung von den Dingen, die nach Plan eigentlich zutage kommen müssten. Das Umdenken und Anpassen an die reelle Befundsituation dauert dann immer einige Zeit.
Die Wälle, die den Berg einfassen, sind seit 100 Jahren bekannt. Regelmäßig hört man noch die mehr oder weniger vehement vertretene These von einer „slawischen Gauburg“ auf dem Posaer Berg. Natürlich befand sich auf der strategisch so wichtigen Spornlage keine slawische Befestigung, die wäre mit ihren 15 Hektar viel zu groß, und allein schon ihre viereckige Form zeigt uns, dass wir hier ganz klar eine fränkische Burganlage vor uns haben! Durch die Untersuchung eines kleinen Wallabschnittes vor einigen Jahren und die Funde aus der Kernburg können wir sicher sein, dass die fränkische Befestigung im 9. Jh. entstanden ist.
Mit der Ansiedlung des Bischofssitzes nach 968 auf dem Posaer Berg wurde wohl die Kernburg schon bald zu klein und man gab den Befestigungsabschnitt auf, den wir in diesem Jahr in unserer Fläche vorfinden konnten. Von der Befestigung war nur noch wenig erhalten, das meiste war bei den nachfolgenden Bauarbeiten abgetragen worden. Noch ist die Untersuchung dieses Abschnittes nicht abgeschlossen. Das, was unter dem Bischofspalast – dieser wurde nämlich über den Befestigungsabschnitt erbaut – erhalten blieb, ist eine etwa 50 cm in den Boden eingegrabene Kante, die die Grenze des Wallkörpers nach Süden, also zum Hang hin markiert. Ganz deutlich ist unser Wallabschnitt die Fortsetzung jenes heute noch auf der Südseite des Berges sichtbaren Wallverlaufes, der vom Fockendorfer Grund aus kommend in Richtung Nordosten verläuft.
Hinter der eingegrabenen südlichen Wallkante liegen große Mengen Sandsteine. Ohne Vergleiche mit anderen Burganlagen ist es nur schwer, aus diesen Befunden eine genaue Vorstellung davon zu entwickeln, wie die Südseite der Posaer Burg befestigt war.
Der fränkische Burgenbau setzte etwa in der zweiten Hälfte des 7. Jhs. ein. Charakteristisch ist die Nutzung von Höhenlagen, wie beispielsweise in Würzburg und in Karlburg am Main. Man rechnet heute mit etwa 1000 Burgen, die bis zum Ende des 10. Jh. entstanden. Ganz charakteristisch für fränkische Burgen ist neben der verkehrsgünstigen Lage auch der Umstand, dass in die Befestigung auch die bereits durch die Natur gut geschützten Bereiche einbezogen werden. Das zeigt sich am Beispiel Posas sehr gut an den Nord-Süd orientierten Wallverläufen, die den gesamten Berg vom Fockendorfer Grund bis zur Elsteraue überspannen und nicht nur als Abschnittswall einzelne Areale auf dem Bergplateau einfassen. Dem Wall ist in den allermeisten Fällen ein Graben vorgelagert, und auch hier ist es wiederum so, dass trotz der ohnehin geschützten Lage bestimmter Bereiche auch Gräben an Steilhängen nicht selten sind. All das verweist nicht nur auf die Bedeutung der Burg als befestigter Ort. Genauso wichtig war ihre Funktion als Symbol der königlichen – denn ausschließlich der König durfte in dieser Zeit Burgen bauen – Herrschaft.
Die Posaer Burg gehört zum Typus der „geometrischen Burgen“. Charakteristisch für diese Art Anlagen ist, dass der Verlauf der Befestigung sich nicht mehr an der natürlichen Geländesituation orientiert, sondern insgesamt geradlinig ist. Die Form der Burgen ist halbkreisförmig, oval oder rechteckig, wie in Posa.
Die in frühmittelalterlichen fränkischen Burgen erhaltenen Wälle waren in der Regel keine aufgeschütteten Erdmassen, wie sie uns heute erscheinen, sondern mächtige Mauern von meist beachtlicher Höhe. Oft bildete eine Holzkonstruktion das Grundgerüst solcher Mauern. Vor der Holzbeplankung der Stirnseite oder zusätzlich auch auf der Rückseite gab es meist eine Verblendung mit einer Mauer. Dabei konnte das Mauerwerk als Trockenmauer oder auch als in Mörtel gesetzte Wand ausgeführt werden. Erste gemörtelte Mauern sind spätestens in der zweiten Hälfte des 8. Jhs. aufgekommen. Die Holzkonstruktion bzw. der Raum zwischen den vorgeblendeten Mauern wurde mit Erdreich verfüllt. Ziel der Angreifer einer solchen Burganlage war es immer, die Holzkonstruktion in Brand zu setzen, um den Wall zum Einsturz zu bringen. Um Burgen zu schleifen, wurden die Wälle meist gezielt angezündet. Details der Konstruktion lassen sich bei archäologischen Untersuchungen in verbrannten Wällen besonders gut heraus präparieren.
Der in diesem Jahr untersuchte Wallrest in Posa zeigt eine Verblendung auf der Außenseite mit einer Trockenmauer. Um den Wallkörper so stabil wie möglich zu machen, schuf man eine ebene Fläche, indem man den Humus bis zum tragfähigen Untergrund abgetragen hatte. Von der hölzernen Wallkonstruktion ist nichts erhalten. Nur an einer einzigen Stelle gibt es eine Brandschicht, die einen verkohlten Balken enthält. Die Holzkohle dieses Balkens wird in den nächsten Monaten eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, das Alter des Walles möglichst genau zu bestimmen. Ein Nachteil der meist aus dem Bereich des vorgelegten Grabens entnommenen Erdmassen für die Wallfüllung ist nämlich, dass kaum ausreichend datierendes Fundmaterial in die Wallschichten gelangte. So bleibt oft nur die naturwissenschaftliche Datierung der organischen Substanz, in diesem Fall der Holzkohle.
Was wir ohne diese Datierung der Errichtung des Walles bereits wissen, ist, dass er für den Bau des Bischofspalastes aufgegeben wurde. Dazu passt wunderbar die Randscherbe eines Topfes aus dem 10. Jh., die aus dem Zerstörungshorizont des Walles zum Vorschein kam.
In den nächsten Wochen wird es nun darum gehen, der gegenwärtig geöffneten Untersuchungsfläche ihre letzten Geheimnisse zu entreißen und dabei so viel als möglich über die Konstruktion des Walles
herauszubekommen. Es bleibt spannend!

Bild 1: Die diesjährige Untersuchungsfläche mit dem frühmittelalterlichen Befestigungsverlauf. Es handelt sich um den breiten, dunklen Streifen, der die gesamte Fläche durchzieht. Am oberen Ende des Bildes ist eine Ansammlung von Steinen erkennbar, die zur Verblendung der Außenseite des Walles gehörten.

Bild 2: Digitales Geländemodell des Posaer Berges mit dem neu entdeckten Wallabschnitt. Die Lage des Walles direkt an der ohnehin für Feinde kaum zu überwindenden Geländekante macht deutlich, dass einer solchen Burganlage auch eine nicht zu unterschätzende symbolische Bedeutung zukam.

Bild 3: Detailaufnahme der Steinschüttung in der Südwestecke der diesjährigen Untersuchungsfläche. Die Steine stammen von einer Trockenmauer, die dem Wallabschnitt vorgeblendet war.
Bild 4: Zweischalige Trockenmauer auf der Eiringsburg/Rhön. Quelle: Peter Ettel, Burgenbau unter den Franken, Karolinen und Ottonen. In: Grossmann/Ottomeyer (Hrsgg.): Die Burg. Wissenschaftlicher Begleitband zu den Ausstellungen „Burg und Herrschaft“ und „Mythos Burg“, Dresden, S. 35, Abb. 2a


