Ein steinerner Turm in der Zeitzer Bischofspfalz

Anmerkung 2024: Dieser Text ist als Zusammenfassung des Vorberichts unserer Untersuchungen entstanden und berücksichtigt die Ergebnisse bis zum Jahr 2023.

Anmerkung März 2025: Nach aktuellem Untersuchungsstand handelt es sich nicht um einen Turmbau. Das Bauwerk ist ein zweischiffiger Palastbau und stellt sich weitaus größer dar als angenommen. Eine endgültige Aussage über die Kubatur lässt sich noch nicht machen.

In den letzten Jahren haben wir in Zeitz, insbesondere auf dem Gelände des ehemaligen Benediktinerklosters Posa, archäologische Untersuchungen durchgeführt, die aufregende neue Einblicke in die frühmittelalterliche Geschichte dieser Region bieten. Der spektakuläre Fund eines steinernen Turms aus dem 10. und frühen 11. Jahrhundert verändert unser Verständnis der architektonischen und politischen Landschaft dieser Zeit.

Die Forschungen, die seit 2017 unter der Schirmherrschaft des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt stattfinden, haben gezeigt, dass der Turm wahrscheinlich Teil einer größeren Befestigungsanlage war. Diese war ursprünglich als fränkische Festung konzipiert, was darauf hindeutet, dass die Region weit mehr als nur eine marginale Rolle im frühmittelalterlichen Reich spielte. Die Wallanlage, die das gesamte Gelände umfasst, wurde durch unsere jüngsten Untersuchungen ins 9. Jahrhundert datiert und ist somit älter als zuvor angenommen.

Interessanterweise stießen wir im südöstlichen Bereich der Kernburg auf den Grundriss einer Saalkirche aus dem 10. Jahrhundert, was darauf hinweist, dass das Gelände bereits vor der Gründung des Klosters im Jahr 1114 eine bedeutende religiöse und politische Rolle spielte. Weitere Ausgrabungen südlich dieser Kirche enthüllten die Überreste einer weiteren Kapelle, die ebenfalls aus dem 10. Jahrhundert stammt.

Die Entdeckung des Turms und der zugehörigen sakralen Bauten unterstreicht die Bedeutung dieses Ortes als königliche Burg, die möglicherweise schon im Jahr 976, als das Bistum Zeitz gegründet wurde, bestand. Unsere Funde deuten darauf hin, dass der Turm als Teil der bischöflichen Pfalz diente, die später an die Benediktiner überging und schließlich das Kloster Posa wurde.

Die Untersuchungen im Bereich des gotischen Kreuzgangsüdflügels, die erst im 14. Jahrhundert errichtet wurden, ergaben, dass darunter ältere Bauschichten liegen, die auf eine kontinuierliche Nutzung des Geländes hinweisen. Die hier gefundenen Müll- und Bauschuttverfüllungen, sowie die massiven Mauern, die in späteren Bauphasen wiederverwendet wurden, zeugen von der langen und komplexen Baugeschichte des Klosters.

Die archäologische Erschließung dieses Turms und seiner Umgebung ist noch nicht abgeschlossen. Die bereits freigelegten Mauerwerke und Strukturen müssen weiter untersucht und dokumentiert werden, um eine genauere Datierung und eine detaillierte Rekonstruktion des ursprünglichen Bauwerks zu ermöglichen. Doch bereits jetzt ist klar, dass die Ergebnisse dieser Forschung wesentlich zum Verständnis der frühmittelalterlichen Geschichte Mitteldeutschlands beitragen werden.

Die Befunde sind nicht nur für die archäologische Gemeinschaft von Interesse, sondern auch für die lokale Heimatforschung und die breitere Öffentlichkeit, da sie Licht auf eine weitgehend unbekannte Periode der regionalen Geschichte werfen. Zukünftige Ausgrabungen und Studien werden hoffentlich weitere Details enthüllen, die unsere Kenntnisse über die frühmittelalterliche Bischofspfalz Posa erweitern und vertiefen.

Abb.1: Gesamtansicht des bisher freigelegten Turmbauwerkes. Im Süden (unten) begrenzt von einer mächtigen Kellermauer des 13. Jh.. An der westlichen Ecke wurde das Mauerwerks des Turmes bis auf die untere, in Lehm gesetzte Fundamentlage ausgebrochen (links). Hier war ein sekundärer Zugang in das Erdgeschoss des Turmes eingebrochen worden. Am rechten Bildrand die weitgehend erhaltene Nordostecke des Turmbauwerks. (Abbildungsnachweis Maurizio Paul)

Abb.2: Ansicht der Nordwand des gotischen Kreuzganges mit den im 13. Jh. überbauten Fragmenten des Turmes. Im oberen Bereich ist noch das aufgehende Mauerwerk der gotischen Kreuzgangwand erhalten, deren Fundament direkt auf den Turmstumpf abgesetzt wurde. (Abbildungsnachweis Maurizio Paul)