Wenn der Dumper streikt – und die Jugendbauhütte loslegt

In der letzten Woche richtete die Jugendbauhütte, die ihren Sitz in Quedlinburg und Görlitz hat, ein Seminar in Zeitz aus. In der Jugendbauhütte sind jene Jugendlichen zusammengefasst, die sich in Sachsen und Sachsen-Anhalt für ein Freiwilliges Soziales Jahr im Bereich der Denkmalpflege entschieden haben. Gemeinsam führen sie dann mehrmals im Jahr bestimmte Projekte durch. In der restlichen Zeit ist jeder FSJler an eine Institution oder Firma angehängt, die sich im weitesten Sinne mit Denkmalschutz beschäftigt – darunter auch das Landesamt für Archäologie.

Die Jugendlichen waren in Posa untergebracht und führten verschiedene Maßnahmen in Zeitz durch. Unter anderem haben sie in Posa den Sockel des Haupthauses vom Putz befreit und in der Rahnestraße für ein denkmalgeschütztes Haus ein Raumbuch erstellt.
Ich saß gerade im Auto, als mich die in jeder Hinsicht überraschende Nachricht erreichte, dass die Jugendlichen bei ihren Arbeitseinsätzen schneller waren als geplant! Und nun suchte man für Donnerstag noch nach einer neuen Aufgabe! Nichts leichter als das – auf unserer Grabung ist immer etwas zu tun. Schnell umgeplant, und dem Einsatz der Jugendbauhütte stand nur noch unser kaputter Dumper im Weg (kennt jemand jemanden, der jemanden kennt, der unserem Dumper wieder Leben einhauchen kann?). Schnell war dann Ersatz organisiert.

Am Donnerstag standen fröhliche und motivierte Jugendliche an der Grabungskante. Nach einer kurzen Erklärung der Grabung ging es ans Werk. Unser Ziel war es, die Ausbruchgrube der Südwand des Klausursüdflügels auszuräumen. Die hatte man beim Abbruch des Klosters um 1659 mit Bauschutt verfüllt – dem Material, das beim Herausnehmen der großen Fundamentssteine anfiel, die dann in die Moritzburg geschafft wurden.

Das Zeug ist zwar relativ locker, lässt sich aber wegen der Steintrümmer sehr schwer schaufeln. Und finden kann man in dem Schutt auch nicht wirklich etwas. Wir fanden immerhin ein Hühnerskelett – wobei das Tier damals nicht verspeist worden war, sondern beim Auffüllen der Grube verscharrt wurde.
Trotz der schwierigen Aufgabe waren die FSJler emsig bei der Arbeit. Dumper für Dumper füllte sich mit dem Schutt. Die Fundamentsohle der ehemaligen Mauer kam bald zum Vorschein. Sogar einige Reste des Mauerwerks haben sich noch erhalten – sie waren wohl beim Abbruch übersehen worden. Am meisten erstaunt (und erschrocken) war ich über das Musikprogramm, mit dem sich die Jugendlichen für die schwere und doch recht eintönige Arbeit motivierten: Modern Talking! Wenn das Dieter Bohlen wüsste!

Kurz kam sogar noch der MDR vorbei – sie berichteten am Abend über die Aktionen der Jugendbauhütte in Zeitz, und kurz wurde auch unsere Grabung gezeigt. Man sah ein Wimmelbild mit wuseligen, gelbbehelmten Helfern.

Zum Ende der Arbeit am Nachmittag dann das einhellige Echo aller Beteiligten: Es hat großen Spaß gemacht! Viele der Jugendlichen waren das erste Mal mit Archäologie in Berührung gekommen und würden das wohl auch gern mal eine Woche oder sogar länger machen …
Auch die Leiterin der Aktion war ganz begeistert. Schnell wurden Telefonnummern und Mailadressen ausgetauscht. Vielleicht gibt es ja einmal einen längeren und weniger spontanen Einsatz der Jugendbauhütte auf unserer Grabung?

Der Einblick in die Erdschichten, den der ausgehobene Graben jetzt ermöglicht, ist außerordentlich spannend. Man sieht eine dicke Ascheschicht, die direkt unter der gepflasterten Hoffläche im Süden der Klausur liegt und bis zu 70 cm mächtig ist. Diese Auffüllschicht enthält ganz viele Abfälle, die hier vielleicht 300 Jahre lang aus der Küche einfach hangabwärts entsorgt wurden. Die Abtragung dieser Schicht und die darin enthaltenen Funde – Keramik und auch Tierknochen – werden uns erstmals einen umfassenden Einblick in den Alltag der Klosterbrüder erlauben. Was haben sie wirklich gegessen? Lassen sich Hinweise auf Völlerei oder Askese finden? Welche Tiere kamen auf den Tisch?

Ein erster Einblick in die ganz frühe Klosterzeit, der sich in den letzten Tagen mit einer Herdstelle auftat, lässt einen Verdacht aufkommen: Die Brüder waren Gourmets! Die beliebtesten Speisen scheinen nicht nur Fische, sondern auch Hühner, Tauben und Singvögel gewesen zu sein. Knochen von großen Säugetieren fanden sich hingegen kaum. Eine ganz ähnliche Zusammensetzung der Speiseabfälle hatte auch ein Ofen des 13. Jahrhunderts erbracht, den wir schon vor mehreren Jahren ausgraben konnten.

Allen an der Aktion am Donnerstag Beteiligten möchte ich herzlichen Dank für ihren Einsatz sagen! Ich wünsche allen Jugendlichen, deren Zeit als FSJler planmäßig im September zu Ende geht, einen guten Einstieg in den Beruf oder ins Studium!

Hier gehts zum MDR-Beitrag: https://www.mdr.de/video/mdr-videos/c/video-926322.html