Bestattungen im Kreuzgang

Bestattungsreihe im Kreuzgang Ostflügel. Foto: Philipp Baumgarten, 2024
Der Kreuzgang eines Klosters ist nicht nur Ort der Stille und Meditation, sondern oft auch Begräbnisstätte für Mönche und bedeutende Persönlichkeiten. So auch im Benediktinerkloster Posa, wo unsere archäologischen Untersuchungen zahlreiche Gräber im Ost- und Westflügel des Kreuzgangs nachweisen konnten. Auffällig ist hingegen das Fehlen von Bestattungen im Südflügel, ein Befund, der interessante Rückschlüsse auf die Nutzung und Bedeutung der einzelnen Kreuzgangbereiche zulässt. 

In mittelalterlichen Klöstern diente der Kreuzgang als zentrale Verbindung zwischen den wichtigsten Gebäuden des Konvents: der Kirche, dem Kapitelsaal, dem Refektorium und den Wohnbereichen der Mönche. Seine Arkaden umschlossen den inneren Klosterhof, einen Hortus Conclusus – den „geschlossenen Garten“ –, der Symbol für das Paradies war. Die Wahl des Kreuzgangs als Begräbnisort war daher nicht zufällig: Wer hier seine letzte Ruhe fand, lag im symbolischen Vorhof des Himmels und blieb auch über den Tod hinaus in der spirituellen Gemeinschaft des Klosters verankert.
Die archäologischen Ausgrabungen in Posa zeigen, dass sowohl der Ost- als auch der Westflügel des Kreuzgangs für Bestattungen genutzt wurden. Der Ostflügel, der traditionell an den Kapitelsaal angrenzte, war meist den hochrangigen Mitgliedern der Klostergemeinschaft vorbehalten. In einigen Benediktinerklöstern sind hier insbesondere Äbte, Prioren und bedeutende Wohltäter des Klosters bestattet worden. Ob dies auch in Posa der Fall war, lässt sich derzeit nur vermuten, da anthropologische Untersuchungen und gegebenenfalls epigraphische Hinweise noch ausstehen. Die in Abb.1 dargestellten Bestattungen reichen voraussichtlich vom 11. bis ins 15. JH hinein. Sowohl eine Steinkiste , zwei Erdgräber mit ausgestochener Kopfnische, als auch Holzsargbestattungen sind hier anzutreffen. Dabei variiert die Armhaltung der Toten von längs am Körper ausgestreckt, bis im Bereich der Brust oder des Unterbauchs verschränkt. Sowohl Kopfnischen als auch eine ausgestreckte Armhaltung lässt auf ein hohes Alter der Bestattung schließen. Zur klaren Alters-Bestimmung konnten Proben zur Radiocarbonmessung entnommen werden. Die Ergebnisse werden in einem weiteren Artikel veröffentlicht.

Der Westflügel hingegen wurde in Klöstern oft für die Bestattung von Laienbrüdern oder Personen genutzt, die mit dem Kloster in Verbindung standen, aber nicht dem eigentlichen Konvent angehörten. Die Befunde aus Posa könnten darauf hindeuten, dass hier eine ähnliche Belegung vorlag, doch bedarf es weiterer Analysen zur genauen sozialen Zusammensetzung der Bestatteten.

Bemerkenswert ist das völlige Fehlen von Bestattungen im Südflügel des Kreuzgangs. In vielen Klöstern diente dieser Bereich als Verbindung zum Refektorium, dem Speisesaal der Mönche. Eine mögliche Erklärung für das Fehlen von Gräbern könnte daher in der Funktion dieses Flügels liegen: Während der Ost- und Westflügel häufig mit liturgischen oder administrativen Bereichen verbunden waren, wurde der Südflügel in der alltäglichen Nutzung stärker frequentiert. Hygienevorschriften und der Respekt vor den Toten könnten eine Bestattung hier unpassend erscheinen lassen.

Die Gräber im Kreuzgang des Klosters Posa sind nicht nur Zeugnisse der klösterlichen Bestattungspraxis, sondern geben auch wertvolle Einblicke in die soziale Struktur der Gemeinschaft. Die auffällige Verteilung der Gräber nach Flügeln spiegelt möglicherweise eine funktionale Trennung innerhalb des Klosters wider, die sich auch im Tod manifestierte. Weitere Untersuchungen, insbesondere zur Datierung und Identifikation der Bestatteten, werden hier wertvolle Erkenntnisse liefern und zur weiteren Rekonstruktion der Geschichte Posas beitragen.

3D Teilansicht einer Bestattung des Ostflügels:
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Aufnahmezeit: Juli 2024
Ersteller: Philipp Baumgarten